Ungarn regiert per Dekret, Pressefreiheit in Gefahr

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Ungehindert von der Europäischen Union hat Ungarns autoritärer Ministerpräsident Viktor Orban ein Gesetz durchgedrückt, das es ihm erlaubt, per Dekret zu regieren. Ungarns Parlament wird weitgehend von Orbans Fidesz-Partei kontrolliert. Die zeitlich unbegrenzte Maßnahme wird sich auch auf die Arbeit von Journalisten auswirken.


Kritiker bezeichnen den Schritt, der offiziell eine Antwort auf die Herausforderungen des COVID-19-Coronavirus darstellt, als Trick zur Ausweitung autokratischer Mechanismen. Der ungarische Ministerpräsident regiert seit Jahren zunehmend autoritär, indem er Gerichte kontrolliert und ein Medienmonopol für diejenigen Stimmen geschaffen hat, die seine Agenda unterstützen.


Während auch andere Regierungen gegen Reporter vorgehen, die kritisch über Reaktionen auf die Pandemie berichten, drohen die neuen ungarischen Maßnahmen mit Haft für all jene, die „Unwahrheiten“ oder „verzerrte Wahrheiten“ verbreiten. Klare Definitionen dazu sind jedoch nicht im Text enthalten.


Das Gesetz setzt Wahlen und bestehende Gesetze aus und gibt Orban totale Autorität in einem Schachzug, den Atlantic Magazine mit folgender Überschrift kommentierte: Die EU schaut zu, wie Ungarn die Demokratie tötet.
Mitglieder des Europäischen Parlaments wie auch Italiens ehemaliger Ministerpräsident Matteo Renzi sagten, Ungarn sollte aus der EU ausgeschlossen werden. Europas Führung hält sich derweil bedeckt.


Ungarns Schritt in Richtung Diktatur ist Teil eines Trends: Exekutivdirektor des Committee to Protect Journalists Joel Simon stellte fest, dass Regierungen weltweit unter dem Deckmantel der Bewältigung von COVID-19 Maßnahmen einführen, um Presse und andere Institutionen öffentlicher Gewaltenkontrolle zusätzlich zu schwächen.


Andras Petho, Mitbegründer des Ermittlungsunternehmens Direkt36, sagte gegenüber The Columbia Journalism Review, dass Ungarns unabhängiger Journalismus unter dem Druck der Regierung zusammenbrechen wird.
Erst kurz vor der COVID-19-Krise hatte die Organisation einen Bericht über administrative Umwälzungen, die das ungarische Gesundheitssystem schwächen, veröffentlicht.


CPJ sagte auch, Ungarn habe unter Orban “die Unabhängigkeit der Medien systematisch abgebaut und verbale Angriffe, Klagen und andere Mittel eingesetzt, um kritische Journalisten zu belästigen”. Das Land fiel im World Press Freedom Index kürzlich um 31 Plätze auf den 87. Platz.


Nachdem Kritik an der schüchternen Reaktion der EU laut geworden war, forderte der griechische Premierminister Kyriakos Mitsotakis zusammen mit elf anderen nationalen Führern der Europäischen Volkspartei seinen Präsidenten, den Polen Donald Tusk, auf, Orban und Fidesz aus der EVP auszuschließen.

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