Rechtliches Vorgehen gegen Netzwerk Kritische Psychotherapie

Das Netzwerk Kritische Psychotherapie Köln/Bonn ist Ziel rechtlicher Schritte seitens des Therapeuten und Autors Martin Wendisch, die zuletzt bis vor das Landgericht Frankfurt am Main führten. Der Fall ist ein Beispiel dafür, wie Akteure aus dem rechten Spektrum immer wieder rechtliche Schritte nutzen, um gegen berechtigte Kritik vorzugehen.

Die Kontroverse begann, als das Netzwerk Kritische Psychotherapie Köln/Bonn das 2021 erschienene Buch "Kritische Psychotherapie" von Martin Wendisch kritisierte, in dem in einigen Beiträgen rechtsradikale, antifeministische und antisemitische Argumentationsfiguren sowie Verschwörungserzählungen reproduziert wurden. So ist unter anderem von einem "deep state" und den "Globalisten" die Rede, welche im Hintergrund die Strippen ziehen sollen, um eine "Neue Weltordnung" zu errichten etc. 

Der Autor versuchte daraufhin zu erwirken, dass die Kritik (in Teilen) zurückgenommen wird, u.a. auch mit einer Unterlassungsklage im Eilverfahren. Er scheiterte mit dieser Klage drei Mal hintereinander in mehreren Instanzen. Die Gerichte erklärten, die ausführlich begründete Kritik des Netzwerks sei durch die Meinungsfreiheit gedeckt. In der Zwischenzeit stellte der Verlag den Vertrieb des Buches ein und kündigte den Vertrag mit Martin Wendisch.

2024 reichte dieser dann eine Klage im Hauptverfahren ein, die am 14.03.2024 am Landgericht Frankfurt am Main verhandelt wurde. Dass Wendisch trotz der differenzierten Begründung der inhaltlichen Kritik des Netzwerks an seinem Buch und trotz dreier gerichtlicher Entscheidungen, die die Legitimität der Kritik bestätigten, Klage einreicht, deutet daraufhin, dass der Fall über eine individuelle Auseinandersetzung hinausgeht und im größeren gesellschaftlichen Kontext von SLAPP-Verfahren zu sehen ist. Erst vor kurzem hat eine Studie des Instituts für Demokratie und Zivilgesellschaft darauf aufmerksam gemacht, dass insbesondere rechte Akteure häufig mit rechtlichen Schritten gegen legitime Kritik vorgehen.

Am Landgericht Frankfurt signalisierte die Richterin im Prozess am 14.03.2024 zwar, der beklagten Person aus dem Netzwerk im Sinne der Meinungsfreiheit tendenziell Recht zu geben, schlug jedoch zwecks gütlicher Einigung einen Vergleich vor. Dieser Vergleich würde beinhalten, dass das Netzwerk die kritische Analyse von der Website entfernt, da das Netzwerk mit der Einstellung des Buchvertriebs durch den Verlag ihr Ziel erreicht habe, so die Richterin. Die beklagte Person betonte, dass es nie das Ziel war, das Buch vom Markt zu nehmen; dieser Aspekt wurde jedoch von der Richterin nicht weiter thematisiert.

Der vorgeschlagene Vergleich würde des Weiteren beinhalten, dass der klagende Autor alle Kosten tragen müsste. Für den Fall, dass das Netzwerk den Vergleich nicht annimmt und dann in einem Urteil Recht bekommt, hat die Klägerseite bereits angekündigt, vor die nächsthöhere Instanz, das Oberlandesgericht Frankfurt, zu ziehen. Das Verfahren ginge also weiter. Da der Kläger eine Rechtsschutzversicherung hat, wäre Geld keine Hürde für ihn. 

Eine Entscheidung über den Vergleich steht noch aus. Doch schon jetzt lässt sich festhalten: Der Fall Martin Wendisch ist eine weitere Verdeutlichung der Herausforderungen, mit denen sich Menschen konfrontiert sehen, die rechte Ideologien öffentlich kritisieren. Umso wichtiger, dass das Netzwerk Kritische Psychotherapie zu seiner legitimen Kritik steht und sich von den rechtlichen Schritten nicht einschüchtern lässt. Blueprint for Free Speech beobachtet den Fall aufmerksam und steht bereit, Betroffene von SLAPP-Verfahren zu unterstützen und für den Schutz der Meinungsfreiheit einzutreten.

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